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Mut

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Mut. Was bedeutet Mut?

Ursprünglich bezeichnet der Begriff das Streben, Trachten und Verlangen nach etwas, gleichzeitig auch Wille und Eigenwilligkeit. Er ist somit die Energie, die Ideen zu Taten vorantreibt und einen individuellen Gedanken zur Manifestation drängt.

Ich hatte schon immer Scharen fixer Ideen in meinem Bewusstsein herumgeistern, doch meist hatte mein Verstand ihnen gleich bei ihrer Entstehung den “viel zu”-Stempel aufgedrückt: Viel zu unrealistisch, viel zu übertrieben, viel zu verrückt… Und schnell hatte ich die Möglichkeit einer wahrscheinlichen Realität aus meiner Welt verbannt.

Dieses Denkmuster wird schnell zu einer Gewohnheit, die im Allgemeinen als Tugend angesehen und ‘Bescheidenheit’ genannt wird.

Zum Glück gab es jedoch immer wieder Anlässe, in denen ich mich gezwungen sah, an dieser Denkgewohnheit zu zweifeln. So hatte ich mich einmal unsterblich in ein Mädchen verliebt. Ich suchte all meine Kühnheit aus den entlegensten Winkeln meines inneren Repertoires zusammen und brachte mich zurückhaltenden, kontaktscheuen Sonderling dazu, ihr einen Brief zu schreiben, der daraufhin mein Leben um die beste Freundin, die ich bislang gehabt hatte, bereichern sollte.

War sie letztendlich auch nicht die Erfüllung all meiner Sehnsüchte, so hatte ich doch eingesehen, wie weitgreifend ich mein Schicksal beeinflussen, ja sogar selbst bestimmen konnte. Was wäre gewesen, wenn ich ihr den Brief nicht geschickt hätte? Diese Möglichkeit konnte ich mir schon gar nicht mehr ausmalen.

Das war ein Gefühl von Macht, das mich beschlich, wenn ich Dinge in meinem Leben nicht einfach auf mich zukommen ließ, sondern ihren Lauf durch Eigeninitiative bewusst veränderte. Ganz gleich, wer mich letztendlich vor die Wahl stellte, ob der Zufall, das Fatum, höhere Fügung oder ein im Verborgenen arbeitender Wesensaspekt meiner selbst, ich hatte das Vermögen, frei zu entscheiden und in Freiheit zu leben.

Diese Erkenntnis machte mir nicht nur Spaß, sondern sie war gleichzeitig ein wichtiger Schritt auf meinem Weg.

* * *

Der Weg ist das Ziel, heißt es.

Es klingt so einfach: Kennt man eine Unbekannte der Gleichung, kann man sogleich auch die zweite benennen. Als sich mir jedoch mehr und mehr die Frage aufdrängte, welchen Weg ich denn in meinem Leben zu gehen hätte und welches Ziel ich auf Erden überhaupt verfolgte, stieß ich auf das Dilemma.

Nun, meine Eltern hatten mich günstigerweise in ein Gymnasium gesteckt, so dass ich 13 Jahre lang an keinen akuten Entscheidungsnöten zu leiden hatte. Zum Glück rief Vater Staat im Anschluss daran zum Dienst an der Waffe, den ich allerdings verweigerte und durch die Ableistung des Zivildienstes noch mehr Zeit gewann, um mich vor ihr zu drücken; denn ich sah sie bereits winken, die Freiheit, und sie streckte mir ihre unerreichbare Hand entgegen…

Mein Vater wurde von seinem Vater nach der Schule ganz einfach bei der Hand genommen und ihm wurde aufgetragen: ‘So Junge, jetzt machst du mal eine Banklehre.’, und sein Schicksal war somit besiegelt. – Was ist mit mir? Wer gibt mir seine leitende Hand und sagt mir, was ich in meinem Leben zu tun habe? Niemand? Was soll ich mit so viel Freiheit anfangen? Kann mir bitte mal jemand sagen, wie ich sinnvoll damit umgehen soll?…

Ich hatte in der Schule so kaum überschaubar viele Dinge gelernt und ein gutes Abitur in der Tasche, aber nichts von all dem war für die naheliegendsten Fragen von Nutzen.

Immer wieder wurde ich von allen Seiten gefragt: ‘Was machst du eigentlich nach der Schule?’. Leute schienen nicht zu verstehen, dass ich jedes Mal bloß mit den Achseln zucken konnte. Doch woher sollte ich das wissen? Alle Möglichkeiten auf dieser Welt, und das sind weiß Gott nicht wenige, standen mir offen. Und ich kannte sie nicht einmal alle, wie konnte ich mich da entscheiden, welche die Beste für mich sei? …

Und so nährte ich die Angst. Die Angst, entscheidende Dinge zu versäumen, die Angst, falsch zu entscheiden, die Angst, zu entscheiden, die Angst vor der Freiheit.

Ein dichter Nebel der Desorientierung hüllte mich ein und stahl mir wie ein Schleier den unbekümmerten Blick in die Zukunft. – Ich war 17 Jahre alt, als ich wegen Kurzsichtigkeit eine Brille bekam.

* * *

Es gibt eine bestimmte Art von Ideen (die von der stempelbedrohten Art), die ich daran erkenne, dass sie mich mit einem nicht zu bändigenden Tatendrang aufladen, dass ihre bloße Vorstellung mich erschaudert, dass sie meine Phantasie beflügeln und mich in Hochstimmung versetzen.

“Träum weiter!” funkt der Verstand gewöhnlich mit Vorliebe abweisend dazwischen. Ich glaube aber, dass es Momente sind, in denen mir mein Größeres Selbst (die göttliche Wesenheit, die Ich bin, die sich in allen denk- und undenkbaren Dimensionen in mannigfachen Formen selbstverwirklicht, von denen sich eine ‘Claas’ nennt) etwas zuflüstert.

Es war Sonntag, der 28.11.1993, als mir plötzlich diese Vision kam, irgendwo während einer dreistündigen Fahrt über deutsche Autobahnen, als ich mir mal wieder den Kopf über meine Zukunft zerbrach. Die Botschaft, die mich mit ihrer Leuchtkraft elektrisierte, stand direkt vor meinem inneren Auge: ‘Geh nach Amerika! Die Nizhoni-Schule bietet dir alles, was du suchst.’

Nun, die Idee an sich war mir nicht neu, vielmehr hatte ich sie bereits vor ein paar Jahren mit dem Aufdruck “undurchführbar” ins Weite gejagt. Als hätte sie das nicht auf sich sitzen lassen wollen, schien sie sich im Tal der aussätzigen Ideen ein Polster der Intensität und Ernsthaftigkeit angefressen und nur auf die richtige Zeitqualität gewartet zu haben, um dann auf einen Fingerzeig meines Größeren Selbstes hin zuzuschlagen. –

Drei Wochen später hatte ich einen Brief in die U.S.A. abgeschickt, der mir nach vier weiteren Wochen all die notwendigen Informationen beschaffte, die ich benötigte, um meinem Leben eine frei entschiedene Richtung zu geben: Nizhoni.

Viele Nächte war nicht an schnelles Einschlafen zu denken. Der Gedanke an Amerika hielt mich wach. Voller Freude rollte ich in meinem Bett hin und her und versuchte, mir all die unschätzbaren Erfahrungen auszumalen, die mir dort widerfahren würden. Dabei runzelte sich von Zeit zu Zeit meine Stirn, begleitet von einem schweren Atemzug und der Frage: Hatte dieser Wunschtraum das Potential, sich zu erfüllen? Denn das wäre für mich der Beweis gewesen, dass ich alles im Leben erreichen könnte, wenn ich es nur wollte…

Ich musste bloß noch meinen Berechtigungsschein finden, der mir das Tor öffnen würde: Er heißt Mut.

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