Wegbegleiter für viele Jahre waren mir die Bücher von Jane Roberts.
Als Schriftstellerin lebte sie im amerikanischen Bundesstaat New York, wurde allerdings für Werke bekannt, deren Autor sie eigentlich gar nicht war. Sie war aufgrund ihrer außersinnlichen Begabung vielmehr Mittlerin von Botschaften einer Wesenheit, die keinen physischen Körper besaß. In Volltrance, i.e. ohne Teilhabe ihres Tagesbewusstseins, diktierte sie als Medium ihrem Mann in über tausend Sitzungen, was diese Persönlichkeit aus dem “Jenseits”, die sich Seth nannte, zu sagen hatte.
Nun ist es ja jenseits von Raum und Zeit der Erde nicht so, dass man als Wesenheit Phantomdäumchen drehend zwischen den Sternen kauert und auf die nächste Inkarnationsgelegenheit wartet. Nein, tot sein – so kann man aus der reichhaltigen, gechannelten Literatur erfahren – hat weder etwas mit Nichtstun noch mit Langeweile zu tun. Im Gegenteil: Mannigfache Welten und Betätigungsfelder stehen jedem individualisierten Schöpferabkömmling offen. Die einen mögen als Forscher in unendliche Weiten ziehen, andere mögen aus Sympathie bei der Erde bleiben. Seth beispielsweise, der selbst die Bewusstseinsschleier und Wahrnehmungsscheuklappen der irdischen Welt erfahren hatte, entschloss sich, als Lehrer für die Menschen zu fungieren, als Bewusstseinsentwicklungshelfer sozusagen.
Ihm geht es in seinen Büchern nicht darum, zu belehren, sondern das innere Wissen, das in jedem Menschen vorhanden ist, zu wecken, Erinnerungen wachzurufen, dass das Leben unendlich viel größer ist, als den Menschen im Allgemeinen Glauben gemacht wird.
In dem, was der Mensch glaubt, liegt nämlich der Angelpunkt für alles, was ihm widerfährt. Seths Kernaussage ist, dass jeder Mensch sich seine eigene Realität selbst erschafft.
Das bedeutet nicht bloß, dass jeder durch unterschiedliche Vorprägung seiner Wahrnehmung eine eigene Art hat, die Welt zu sehen, sondern es bedeutet, dass jeder seine Welt samt ihrer räumlichen Objekte und zeitlichen Ereignisse in einem Akt der Schöpfung tatsächlich hervorbringt.
Gedanken erzeugen Materie. So lautet die lapidare Feststellung.
Wodurch dies geschieht, liegt Seth zufolge in der Kraft der Gedanken, der Wünsche, der Phantasie, der Überzeugungen, Grundeinstellungen und Glaubenssätze.
Er beschreibt die Gedanken als elektromagnetische Energieeinheiten (EEEs), die wie Wasserdampf aufsteigen, ein Potential bilden, sich dann zu einer Struktur verdichten und schließlich wie Regen in manifestierter Form zurück auf die Erde fallen. Je größer die Intensität der EEEs dabei ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit ihrer Materialisierung.
Das bedeutet, je mehr Wünsche und Träume ein Mensch hegt, desto mehr können für ihn auch in Erfüllung gehen. Damit wird jeder Einzelne seines eigenen Glückes Schmied.
Auf diese Fähigkeit des Menschen wies auch Jesus wiederholt hin: “Wenn ihr Glauben habt nur so groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und verpflanze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.” (Lk. 17,6)
Mit Seths Worten: “Ihr macht nur von solchen Fähigkeiten und Eigenschaften Gebrauch, die ihr zu haben glaubt.”
Allzu oft ist dem Menschen aber jener Zauberstein aus der Kindheit abhanden gekommen, sind ihm seine phantastischen Schöpferkräfte ausgetrieben worden. Jesus bemängelte dies ebenfalls: “Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.” (Mt. 18,3)
Anders als mit konkreten Absichten, stillen Wünschen oder imaginierten Zielvorstellungen verhält es sich mit den Glaubenssätzen und Überzeugungen, die tief im Bewusstsein Anker gesetzt haben und von dort aus jede Sekunde Gedanken in den Kopf entsenden, von denen jeder einzelne ein Resultat in der Wirklichkeit zeitigt.
Glaubenssätze sind grundlegende Denkprogramme über sich und die Welt, die dem Einzelnen von seinen Eltern, seinem Umfeld und seinem Kulturkreis mitgegeben worden sind.
Wenn das Kind zum ersten Mal das Wort “Ich” gebraucht, also beginnt, sich selbst und die Welt zu differenzieren, wächst es zunächst in die Vorstellungswelten der Eltern hinein. Es übernimmt die Glaubens- und Gedankenmuster der Eltern, lernt von ihnen, was richtig und was falsch ist und worum es in dieser Welt überhaupt geht. Seine Entwicklung erhält einen notwendigen Rahmen, einen Spielraum, in dem es Orientierung bekommt und Sicherheit erfährt.
In der Pubertät stößt der Heranwachsende allerdings bald an die starren Grenzen des vorgegebenen, eng gewordenen Rahmens. Sie müssen jetzt eingerissen werden; denn mächtige Fragen tun sich auf und beanspruchen freie Entfaltung: Wer bin ich? Wo sind meine Grenzen? Was ist die Welt? Wo sind ihre Grenzen? Wozu bin ich in der Welt?…
Die Antworten werden im weiten, persönlichen Umfeld gesucht. Das Dilemma ist jedoch, dass kaum etwas Greifbares zur Verfügung steht. Der materialistische Zeitgeist verkauft den Fragenden die Welt als eine Schöpfung des Zufalls, in der das einzelne Leben gerade mal so viel wert ist, als es zu seiner Erhaltung beiträgt. Die diesem Geist hörigen Einrichtungen, die sich der Erziehung und Ausbildung verschrieben haben, sind folglich ebenso wenig in der Lage, hilfreiche Ideen oder Werkzeuge zu liefern, mit denen ein Heranwachsender ein erfülltes und zufriedenes Leben aufbauen könnte.
Sich selbst überlassen entwickelt der junge Mensch also aus dem, was er in seinem Umfeld wahrnimmt (=für “wahr” nimmt), seine eigenen Überzeugungen über sich und die Welt. Seine Erfahrungen sagen ihm, woran er glauben soll, und dieser Glaube bestimmt, welche Erfahrungen er machen wird. Das heißt, er wird Dinge und Ereignisse, die zu seinem Glauben passen, wie magnetisch anziehen. Dadurch wird es ihm erscheinen, als bestätige die äußere Welt seinen Glauben. Demzufolge wird er meinen, sein Glaube sei “wahr”. Er wird seine “Wahrheit” vor anderen “Wahrheiten” verteidigen und sich vor der Idee hüten, dass er sich bloß selbst – wie jeder andere auch – seine eigene Welt “wahr” gemacht hat…
Es ist faszinierend, wie selbsterhaltend Wirklichkeiten sind! In ihnen herrscht ein Teufelskreis, der es äußerst schwierig macht, sich grundlegender Gedankenmuster zu entledigen. – Logisch, denn das würde ihren Zusammenbruch zur Folge haben.
Wie sehen nun solche Denkmuster aus, die die Welt heute bestimmen?
Die Antwort findet man ganz leicht, indem man zunächst seine eigene Gedankenwelt beobachtet. Besteht sie eher aus positiven oder negativen Vorstellungen? Dabei macht es keinen Sinn, negative Gedanken zu unterdrücken. Sie wollen angeschaut und in ihrem Ursprung erkannt werden, bevor sie sich ersetzen lassen. Zu diesem Zweck nehme man also geeignetes Werkzeug zur Hand und grabe sich zu ihren Wurzeln hinab. Mit dem Werkzeug sind zwei Fähigkeiten gemeint: 1. Dinge zu hinterfragen und 2. sich Dinge einzugestehen.
Angenommen, man will die Glaubenssätze aufspüren, die hinter einer Wut stecken, und nimmt gut ausgerüstet die Jagd auf. Dann könnte man sehr bald auf folgende Aussagen stoßen:
Ich habe Recht!
Ich weiß, was gut ist und was schlecht.
Du hast eh keine Ahnung.
Es hat so zu sein, wie ich es sage!
Kein schlechter Fund für den Anfang! Aber aus welchen Glaubenssätzen gehen denn diese Haltungen hervor? Da muss es doch noch mehr geben! Da hilft nur eins: weiterbuddeln…
Niemand versteht mich. Niemand respektiert mich.
Niemand bemerkt mich. Niemand erkennt meine Leistungen an.
Was denken bloß die anderen über mich?
Die anderen können das eh besser als ich.
Ich kann doch nicht tun, was mir schaden könnte.
Was ich brauche, kann mir nur ein anderer geben.
Wenn du mich nicht magst, mag ich dich auch nicht.
Wenn du mehr kriegst, bleibt weniger für mich übrig.
Was ich nicht kontrolliere, verliere ich.
Aha! Sehr schön! Damit kommt man der Sache schon näher. Aber worin wurzeln denn diese Gedankenmuster? Noch ein Stückchen weiterschaufeln, bitte!
Ich bin unbedeutend und machtlos.
Es hat alles keinen Sinn.
Ich tauge zu nichts.
Ich verdiene es nicht, dass mir schöne Dinge zustoßen.
Ich bin Opfer der äußeren Umstände.
Ich habe keine Wahl.
Eine hübsche Sammlung “Müll”, die man da mit sich herumträgt!
Zeigt sich darin nicht das Resultat einer jahrhundertelangen Ausübung von Kontrolle einer Obrigkeit, die die Macht des Einzelnen klein zu halten versucht? Wirkt da nicht immer noch der Mythos vom Sündenfall nach? – Menschen, esst bloß nicht vom verbotenen Baum, ihr könntet ja werden wie Gott!
Ist es nicht an der Zeit, den von Generation zu Generation weitergegebenen Unrat auszuräumen, um dem göttlichen Wesen Mensch wieder sein Geburtsrecht zurückzugeben?
Indem man sich bewusst macht, dass das, was die Wirklichkeit aufrecht erhält, nur der Glaube an diese Wirklichkeit ist, hat man schon den ersten Schritt getan. Indem man versteht, dass alles, was einem im Außen begegnet, nur eine Erweiterung seines Inneren ist, erfährt man seine eigene Schöpferkraft.
Die Schöpfung ist nicht etwas, das – einmal vollbracht – fortdauernd weiterbesteht, sondern sie geschieht in jedem Augenblick neu. Anders ausgedrückt: Was nicht mit Energie (Gedankenkraft, Aufmerksamkeit) versorgt wird, geht früher oder später zugrunde.
Also warum sollte ich aus reiner Gewohnheit weiterhin Dinge energetisieren, die ich eigentlich gar nicht fördern will?
Warum sollte ich meine Kraft in Eigenschaften investieren, die mich beschränken? – Damit errichte ich mir nur mein eigenes Gefängnis.
Warum sollte ich Vorstellungen von Ärger, Misstrauen, Angst, Verzweiflung, Einsamkeit oder Krankheit nähren? – Damit mache ich mich selbst handlungsunfähig.
Warum sollte ich mir negative Überzeugungen anderer aufdrängen lassen oder mich von Schreckensmeldungen in den Medien niederdrücken lassen? – Damit gebe ich nur ein Stück meiner Verantwortung ab…
Speise ich hingegen die Einstellungen mit Energie, die ein Leben erlauben, das von Freude, Lebendigkeit und Kreativität erfüllt ist, wandle ich die Qualität meiner Erlebnisse und gestalte umgehend eine neue Wirklichkeit.
Diese Wirklichkeit ist dann nicht mehr und nicht weniger “wahr” als andere. Wirklichkeiten haben kaum etwas mit Wahrheit zu tun. Unter Wahrheit verstehe ich das universale Gesetz, nach dem alles geschieht. Wirklichkeiten unterliegen zwar dem universalen Gesetz, stellen aber in ihrer eigenen “Raumblase” ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten auf. Sie sind raffinierte Lernexperimente mit bestimmten Parametern, die man selbst wählt.
Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen für die Wirklichkeit, die man wählt, und für die Inhalte, die man denkt! Es geht um einen verantwortungsvollen Einsatz von Geisteskraft. Sobald sich der Mensch als wirkende Kraft in der Welt erfährt, wird er auch seine machtlosen Opferhaltungen und sinnlosen Schuldzuweisungen aufgeben.
Mein ganzer Lebenslauf besteht aus Ereignissen, deren Verwirklichung ich mir zuvor immer als sehr unwahrscheinlich ausgerechnet habe, so dass ich jedes Mal sagte: “Wenn ich das erreichen sollte, dann hat Seth Recht.” – Und er hat immer wieder Recht behalten: Ich setze meine Ziele, und das Größere Selbst verwirklicht sie, solange sie sein Gesamtkonzept nicht untergraben.
“Glück ist, wenn man weiß, woran man glaubt.”
Diesem Grundsatz zufolge habe ich ein persönliches Glaubensbekenntnis erstellt. Es mag der Wahrheit nahe kommen oder weit von ihr entfernt sein, es bildet jedenfalls das Fundament meiner Wirklichkeit:
Ich glaube an…
den göttlichen Ursprung aller Dinge = die Einheit von allem, was existiert (das Sein)
die Ewigkeit und Grenzenlosigkeit allen Seins
das sich selbst bewusste, intelligente Sein (das Bewusstsein)
den individualisierten Ausdruck des Seins (das Selbst, die Identität)
den mannigfachen Ausdruck des Selbst (das Ich, die Persönlichkeit)
das Leben als stetigen Entwicklungs- und Wachstumsprozess von Bewusstsein (das Werden)
die multidimensionale Existenz aller Lebensformen
die Unauslöschlichkeit von Identität und Persönlichkeit
die Liebe als Urprinzip
die Selbstbestimmung
die Realität als Spiegel des Selbst
die Vollkommenheit aller Erfahrungen
die Welt als eine gigantische Zusammenarbeit
den Menschen als eine Ausdrucksform des Selbst mit Verstand, Empfindungsfähigkeit, freiem Willen und Schöpferkraft
Träumer sind keine Nichtstuer, sondern sie arbeiten auf energetischer Ebene an dem Fundament einer neuen Wirklichkeit.
Visionäre sind keine abgehobenen Propheten, sondern sie bieten Lösungen für kaum mehr hinterfragte Probleme an.
Idealisten sind keine Ignoranten der Wirklichkeit, sondern sie sind ihrem innersten Wissen treu, dass die Menschen zu weit mehr fähig sind als sie gemeinhin annehmen.