Die Gefühlswelt wird mit dem Wasserelement assoziiert. Das verwundert nicht; denn gerät sie erst einmal in Wallung, ist sie nicht mehr so schnell zu bremsen. Da schwappt und wogt, drängt und drückt, bebt und brodelt es unter der Bauchdecke, und ein kleiner Auslöser kann Mächte hinaufbeschwören, die zuvor ungeahnt waren.
Da sind Antriebskräfte am Werk, die vom Verstand immer wieder als bedeutungslos abgeschoben werden, weil er meint, er sei längst über die Triebhaftigkeit hinausgewachsen und besitze die Alleinherrschaft über die Persönlichkeit: Cogito ergo sum (= Ich denke, also bin ich). Doch viele unbeantwortete Lebensfragen schwirren im inneren Raum herum, die Aufarbeitung verlangen, den Verstand in seinen selbstgestrickten Grenzen erschüttern und sich aus seiner Kontrolle hinausbewegen. – Schließlich ist die Bedeutung des Wortes E-motion “Das Hinausbewegte”.
Unter der Vorherrschaft des Verstandes tun sich unterdrückte Emotionen gerne zusammen, um gemeinsam stark zu sein. Das Ergebnis sind komplexe, psychische Programme, die immer gleich ablaufen, wenn sie sich erst einmal bewährt haben: zuerst stürmen die Aggressiven voran und schlagen die Bresche frei, dann wüten all die, die schon lange auf die Gelegenheit gewartet haben, und zuletzt wagen sich die Weichlinge hervor, wenn mit keiner Gegenwehr mehr zu rechnen ist.
Hinzu kommen emotionale Invasionen aus anderen Inkarnationen, die plötzlich aufmarschieren, wenn es um ein Thema geht, um das auf verschiedenen Manifestationsebenen gekämpft wird.
Und schließlich sind da noch die ganz Hartnäckigen, die Konditionierungen, meist Prägungen aus der Kindheit, die sich unbewusst vom sozialen Umfeld übertragen haben und seither dominant auf den Lebensablauf des Trägers einwirken. (Daher spiegeln meine Sessions auch die Trennungsdramen wider, die ich in meinen ersten Lebensjahren – hochsensibel und eng verbunden mit der elterlichen Gefühlswelt – von meinen Eltern übernommen habe.)
Unabhängig von der Herkunft der Emotionen ist ihr Grundmuster aber deutlich erkennbar: Da hausen Ängste in mir, als das Individuum, das ich zu sein strebe, getrennt und verlassen zu sein, aus der Einheit herausgefallen zu sein, nicht verstanden, nicht beachtet und nicht gekannt zu werden. Es ist ein Gefühl von Fremdartigkeit, als käme ich von einem anderen Planeten, den noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat.
In solchen Fällen spreche ich zu meinen Gefühlen: ‚Okay, ihr seid da, willkommen! Wenn ihr es meint, dann komme ich wohl aus einer anderen Welt oder einer anderen Zeit, aber wisset: Ich bin jetzt und hier, damit ich das Fremde kennenlerne, bis es mir nicht mehr fremd ist.’
Ich muss mir gewahr werden, dass die Angst keiner konkreten Bedrohung gegenüber steht, sondern vielmehr eine meiner Grenzen markiert, über die es sich lohnt hinauszugehen.
Und wenn der Verstand sich dann meldet und bei seiner Erklärungssuche versucht, alle Probleme auf meine Gene oder meine Erziehung abzuwälzen, mache ich ihm klar: ‚Gut, ich mag das Betreffende physisch oder psychisch geerbt haben, aber nur deswegen, weil die Bewältigung dessen auf meinem “kosmischen Aufgabenzettel” steht.’
Dies ist eine grundsätzlich andere Betrachtungsweise, für die ein Wechsel der Ebenen erfolgen muss. Auf der einen empfinde ich mich als Opfer meiner Konditionierungen, auf der anderen jedoch begegne ich als Mensch der Herausforderung, vor die mein Größeres Selbst mich stellt. So zeichne ich mich sowohl dafür verantwortlich, das Erbe entgegengenommen zu haben, als auch dafür, mich von ihm zu befreien.
Verbildlicht dargestellt:
Du gehst auf Abenteuerreise. Damit es ein perfektes Abenteuer wird, bereitest du deine Route gut vor und packst die passende Ausrüstung in deinen Koffer. Endlich geht es los! Aufgeregt malst du Dir im Flieger gedanklich aus, was dich wohl erwarten wird. Dann schläfst du ein. Mit der Landung wirst du abrupt wach, spähst neugierig aus dem Fenster und erblickst voller Vorfreude die Wildnis! Doch plötzlich stellst du fest, dass du dich nicht mehr daran erinnern kannst, wo du herkommst – oder wohin du gehen wolltest. Dein ganzes Gedächtnis ist auf einmal wie ausgelöscht… Die anderen Ankömmlinge sehen genauso verwirrt aus: „Wer bin ich? Und warum bin ich hier?“ fragen sich alle. Zum Glück ist dein Koffer noch da. Dir bleibt also nur eins: Mach das beste daraus!
So oder ähnlich stelle ich mir die Situation des Menschen vor, wenn er auf die Welt kommt.
Es ist aber nicht so aussichtslos wie es scheinen mag; denn es geschieht oftmals spontan und unverhofft, dass der Mensch jene Informationen aus seinem Unbewussten abruft, die ihm eine Ahnung von seiner multidimensionalen Herkunft geben. Bei “Déjà vu”-Erlebnissen (“Mir ist, als hätte ich das schon einmal erlebt.”), telepathischen Fähigkeiten (“Das habe ich auch gerade gedacht!”), präkognitiven Phänomenen (“Ich wusste, dass das passieren wird.”) und vor allem in Träumen werden ihm jene Ebenen zuteil, in denen seine Geistseele zu Hause ist.
Jenseitserfahrungen macht der Mensch häufiger, als er denkt. So habe ich als Teenager beispielsweise folgendes erlebt:
Das Kopfende des Behandlungsstuhls war so weit heruntergefahren, dass meine Füße höher lagen als der Rest meines Körpers. Zweieinhalb Stunden musste ich in dieser Lage ausharren, während mein Zahnarzt an meinem Gebiss herumwerkelte. Endlich durfte ich aufstehen und schlurfte hinüber ins Wartezimmer. “Ah, bist du fertig?” sagte meine Mutter erfreut, als sie mich in der Tür sah, kam zu mir und strich anerkennungsvoll über meinen Arm. “Hast du’s überstanden, ja?” Ich folgte ihr zur Rezeption, als ich bemerkte, dass lauter blaue Funken vor meinen Augen blitzten. Ich fühlte ein leichtes Drehen, das von störenden, sirrenden Geräuschen begleitet war. Meine Mutter unterhielt sich mit der Arzthelferin, während die flimmernden Punkte vor meinen Augen immer bunter und zahlreicher wurden und mir mehr und mehr die Sicht auf die Umgebung stahlen. “Mir ist schwindelig.” brachte ich hervor und konnte meine Worte selbst kaum hören, weil das anfängliche Rauschen zu einem wilden Getöse dröhnender Farbexplosionen geworden war. – Ich verlor das Bewusstsein. Schlaff fiel ich in mich zusammen und schlug dabei heftig mit dem Kopf auf dem Boden auf.
Ich finde mich wieder in einer paradiesisch schönen Wiesenlandschaft. Die Sonne lacht, die Luft ist so viel lebendiger als ich es je erlebt habe, und ich laufe beinahe schwebend über einen Teppich von Blumen, die in allen Farben des Regenbogens blühen. Ich fühle mich so unendlich wohl hier und frei und spüre auch, dass ich in liebevoller Begleitung bin. Ich weiß, dass ich hierhin gehöre. Warum war ich bloß so lange fort, frage ich mich, als ich plötzlich erschrecke. Mir ist, als würde jemand diese Welt zum Einsturz bringen. Im nächsten Moment spüre ich Schläge auf meine rechte Wange. Jemand ruft meinen Namen.
Ich schlug die Augen auf und blickte in zwei besorgte Gesichter, die sich über mich beugten. Gleichzeitig spürte ich, wie sich meine Blase entleerte, und ich brauchte einen Moment, um die Kontrolle über meine Köperfunktionen wiederzuerlangen. Ich wurde aufgerichtet und bekam ein Glas Wasser.
* * *
Der Mensch kann sich auch gezielt – wie in den Sessions beschrieben – mit dem Licht des Bewusstseins in die Abgründe der Psyche, der inneren Merk- und Steuerzentrale, begeben. Es ist eine Art Freiheit, die er dabei erlangt, wenn er die Kräfte untersucht, von denen die meisten Menschen bestimmt werden, ohne es zu wissen. Dass er dabei auch auf unliebsame Persönlichkeitsanteile stößt, bleibt nicht aus. – Wo Licht hinfällt, werden Schattenseiten sichtbar. Ein besonnener Umgang mit ihnen ist dabei von Bedeutung:
1. Sobald die eigenen Schatten ins Bewusstsein gelangt (=wahrgenommen) sind, wollen sie als solche akzeptiert (=für wahr genommen) werden; denn im Kampf erstarken sie nur und werden autonom. Akzeptieren heißt dabei nicht, sie als Schicksal hinzunehmen, sondern sie als Herausforderung anzunehmen, wohl wissend, dass sie einen Grund für ihre Existenz haben.
2. Der Verstand (= der Mentalkörper, der im Kopfbereich zentriert ist) kann hervorragend mit Forschungen beauftragt werden. Er kann die Angelegenheit distanziert betrachten, reflektieren und interpretieren, sich einen klaren Überblick verschaffen, visionäre Konzepte erstellen, kreativ Lösungswege entwickeln und ihre Realisierung organisieren.
3. Die Gefühle (= der Emotionalkörper, der im Bauchbereich ansässig ist) beziehen sehr persönlich Stellung zum Geschehen und sind meist von massiven Energien begleitet. Sie liefern die notwendige Kraft, Änderungen herbeizuführen, und drängen zur Aktion.
Es gilt daher, die emotionale und mentale Kraft kreativ und sinnvoll zu nutzen, ohne sich überwältigt in ihr zu verlieren (was eine Opferhaltung ausdrückt, die Macht und Verantwortung aus der Hand gibt) und ohne sie zu unterdrücken (was einem inneren Stellungskrieg gleichkommt, der zunächst zu Regungslosigkeit, dann zu Starrheit und schließlich zu charakterlicher Verkrustung führt).
Woher kommt bloß immer diese weise Stimme?