Vor langer Zeit lebte einmal ein Volk von Riesen weit, weit im Norden. Doch weil sie so groß waren und sich schnell vermehrten, wurden Ritter in alle Richtungen geschickt, um neues Land zu erobern.
Einer von ihnen war weit nach Süden vorgedrungen, in das Land, in dem wir uns heute befinden. Er ritt auf einem riesig großen, weißen Pferd, das aus purem Eis bestand. Aus seinen Nüstern blies sein Atem, so kalt wie der Nordwind. Der Riese hatte einen großen Sack bei sich. Der war voller Steine. Das war sein Proviant, denn bunte, knusprige Steine waren sein Leibgericht. Auch aß er gerne diese kleinen Tierchen, die aufrecht auf zwei Beinen gehen konnten, doch damals gab es noch nicht so viele von ihnen. Er kämpfte sich durch die schier endlosen Wälder in diesem Land, und viele, viele Bäume fielen dem Huf des Pferdes zum Opfer.
Es war Nacht. Der Riese hatte sich bald in der endlosen Ebene verirrt und zog nunmehr ziellos umher.
Einmal verfing sich der Schweif des Pferdes in den mächtigen Ästen einer dicken Eiche. Das Pferd zog die Eiche gewaltsam aus dem Boden, doch sie blieb an den zottigen Kristallfäden des Schweifes haften, und das Pferd schleifte den kräftigen Baum hinter sich her. Dabei entstand eine tiefe Schleifspur, die noch heute an den ungewöhnlichen Hügeln der Landschaft erkennbar ist.
Dann widersetzte sich dem Riesen eine hohe Buche, die erst nachgab, nachdem sie unmerklich einen Schlitz in den großen Proviantsack des Riesen gerissen hatte. Durch dieses Loch plumpste nun ein Stein nach dem anderen auf den Boden. Manche zerbarsten beim Aufprall zu Schotter und Sand, manche blieben heil. Und je länger der Riese umherirrte, desto mehr verteilten sich die Steine über das ganze Land.
Plötzlich, die Sonne war gerade aufgegangen, stellte sich ihm ein hässlicher Zwerg in den Weg. “Halt! Nicht weiter!” rief er und hob ihm seine winzige Hand entgegen.
Der Riese lachte: “Was willst denn du kleines Bürschchen gegen mich ausrichten? Aber du kommst mir gerade recht zu meinem Frühstück!“
“Warte!“, sagte der Zwerg, “Wie wär’s damit?” und hielt ihm zwei Steine hin, die der Riese aus seinem Sack verloren hatte.
“Die hatte ich gestern erst. Du aber scheinst mir ein besonderer Leckerbissen zu sein!” entgegnete der Riese und wollte von seinem Pferd steigen.
Der Zwerg aber hatte herausgefunden, dass es sich bei seinem Fund um Feuersteine handelte. Er schlug beide kräftig gegeneinander, so dass ein mächtiger, goldener Funke entstand. Blitzartig hatte ein Baum Feuer gefangen. Der Zwerg schlüpfte flink in seine Höhlenwohnung, und bald stand der ganze Wald, der den Riesen umgab, in Flammen. Das Pferd, auf dem der Riese saß, begann zu schmelzen. Das Wasser sickerte in die trockene Erde und weichte den Boden auf, der bald zu einem großen Sumpf geworden war. Der Riese hatte ein so großes Gewicht, dass er mit einem Mal darin versank.
So hatte der große Eroberungszug des Volkes aus dem Norden ein Ende gefunden. Und die Zwerge sorgen noch heute dafür, dass ihnen niemand unerlaubt zu nahe tritt.
